Das Rätsel der Donauzivilisation by Haarmann Harald

Autor:Haarmann, Harald [Haarmann, Harald]
Die sprache: deu
Format: epub
ISBN: 9783406711534
Herausgeber: C.H.Beck
veröffentlicht: 0101-01-01T00:00:00+00:00

Familien und Sippen

Die Haushalte der alteuropäischen Siedlungen deuten auf die Familie als soziale Basiseinheit, die wohl Vertreter dreier Generationen (Großeltern, Eltern, Kinder) einschloss. Die Konfiguration der Häuser, die sich zu Blocks bzw. Carrés formierten, legen diese Annahme nahe. Die Wohnkomplexe der einzelnen Sippen konnten einige wenige Häuser oder auch eine größere Zahl von Gebäuden mit Wohn- und Haushaltsräumen, Werkstätten und Stallungen für das Vieh umfassen. Die Häuser waren teilweise so eng gruppiert, dass einige Wohnkomplexe (ein- und zweistöckig) den Eindruck moderner Kondominien machen (Abb. 60).

Gimbutas (1991: 327) weist darauf hin, dass nicht selten einzelnen Wohnvierteln auch ein Heiligtum zugeordnet war, das offensichtlich von der lokalen Sippe unterhalten wurde. Dies ist beispielsweise in der Anlage von Truşeşti (Moldova) im Tal des Prut zu erkennen, einer Siedlung der Cucuteni-Kultur aus dem 5. Jahrtausend v. Chr.

Die unübersehbar zentrale Rolle, die Frauen in der alteuropäischen Gesellschaft gespielt haben, legt den Schluss nahe, dass die Sippen matrilinear geordnet waren, mit einem weiblichen Oberhaupt und matrilinearen Traditionen der Ahnenverehrung. Dafür hat Gimbutas (1991: 324) den Terminus «Matriclan mit kollektivistischen Prinzipien» geprägt. Die Annahme einer Sippenordnung mit Frauen (Matronen) als Autoritätspersonen ist neuerlich für die Regionalkultur von Lengyel in Ungarn bestätigt worden. Eine Analyse der Beigaben in Frauengräbern ergab: «Interessant sind Perlengürtel aus Marmor oder Muscheln, die bisweilen um die Taille von Frauen auftreten, am häufigsten solcher der Alterskategorie Maturus. Dieser Schmuck kann möglicherweise als Attribut für die «Mutter einer Sippe» angesehen werden, und die Perlen können so die zahlreiche Nachkommenschaft symbolisieren, welche die Frau hinterlassen hat» (Čermáková 2007: 254).

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